Heute morgen war ich mit meiner Süßen und unserem Sohn frühstücken. Während ich so am Buffett stand und mir Croissants, Müsli und Rührei auf meinen Teller schaufelte konnte, nein, musste ich ein Gespräch einiger älterer Herren mithören. Die Vier waren wohl so Mitglieder der Generation 60+ und dementsprechend war auch das Thema ihres Smalltalks gehalten. Einer der Herren war heute ausnahmsweise mit dem Bus angereist und hätte diesen beinahe verpasst. Und dann ging es los.
Früher seien jüngere Menschen ja aufgestanden, wenn im Bus kein Platz mehr war und ältere Menschen sitzen wollten. Heute, so einer der Herren, steht niemand mehr auf. Und wenn doch, dann junge Mädchen, ansonsten aber keiner. Das sei früher ganz anders gewesen. Sie selbst seien noch so erzogen worden, dass man älteren Menschen ganz freiwillig seinen Sitzplatz angeboten hat. Aber die Jugend von heute…
Doch war das wirklich so? Ich stelle mir diese Frage öfters. Vorallem dann, wenn mal wieder irgendeine Oma ihr Fahrrad quer über die Hauptstraße schiebt und sich dann lautstark beschwert, wenn die Autos anfangen zu hupen. Aber das ist scheinbar etwas anderes. Es ist auch etwas anderes, wenn ältere Menschen einfach bei einer roten Ampel die Straße überqueren. Zumindest scheint es so, wenn man dann darauf aufmerksam macht und auf die Vorbildfunktion gegenüber an der Ampel wartenden Kindern hinweist. Dann kommen nämlich Aussagen wie Ach, das interessiert die später eh nicht mehr! oder einfach keine Reaktion. Klar, warum sollte ein Kind denn bei einer roten Ampel stehen bleiben, wenn es die Generation 60+ auch nicht tut? Und das hat sicher nichts damit zu tun, dass die Eltern da in der Erziehung versagt haben – wird aber so dargestellt.
Sicherlich haben sich die Erziehung und auch die angewandten Erziehungsmethoden im Laufe der Jahre verändert. Ziemlich stark vermute ich. Wo früher der Stock seinen Einsatz fand, versucht man heute mit Worten zu erziehen. Und ich möchte mal vermuten, dass dies auch in den meisten Fällen mit Erfolg verknüpft ist. Natürlich gibt es immer Ausnahmen. Leider jedoch treten diese Ausnahmen fast immer in Gruppen auf und werfen so ein schlechtes Licht auf die Gesamtheit. In diesen Fällen haben oftmals natürlich auch die Eltern Schuld. Doch gerade in Fällen, in denen es den Eltern nicht möglich ist – aus welchen Gründen auch immer – Zugang zu ihrem Kind zu bekommen, sollten doch Kindergarten, Schule und andere Institutionen eingreifen. Ich möchte an dieser Stelle nun aber auch nicht zum Erziehungsapostel werden – da sind Experten wie Jesper Juul sicher besser geeignet.
Worum es mir eigentlich geht: ich selbst sehe keinen großen Unterschied in den Verhaltensweisen. Es gibt immer Ausreisser. Negativ wie positiv. Da sind sicher viele junge Menschen, die für ältere Leute im Bus aufstehen oder ihnen über die Straße helfen oder den Einkauf nach Hause tragen. Genauso gibt es sicher auch zahlreiche ältere Herrschaften, die bei einer roten Ampel stehen bleiben und auch nicht quer über die Hauptstraße rennen. Aber es gibt eben solche negativen Beispiele, die dann oftmals die gesamte Gruppe in ein schlechtes Licht stellen.
Und ein weiteres Problem, welches meiner bescheidenen Meinung nach dazu kommt: es fragt ja niemand. Ich wurde in meinem Leben maximal zwei Mal im Bus gefragt, ob ich aufstehen würde. Klar, gerne. Aber wer fit aussieht und nicht fragt, kann sich meiner Meinung nach im Nachhinein nicht beschweren. Die meisten Menschen kann man wirklich ohne Angst haben zu müssen ansprechen – wirklich. Und die, die man lieber nicht fragt, zeigt einem sein Gefühl meist direkt.
Wie seht ihr das? Aufstehen im Bus? Berechtigte Kritik? Andere Erziehungsmethoden? Zweifelhafte Erfolgsaussichten?